DEUTSCHES ÄRZTEBLATT-ÄRZTLICHE MITTEILUNGEN"

81    Jahrgang/Heft 25/26 vom 25. Juni 1984/Postverlagsort Köln

 

Der toxikologische Notfall beim Hausarzt, beim Notarzt und in der Klinik

Max Daunderer

 


Max Daunderer


I

n der Bundesrepublik Deutsch­land gibt es jährlich doppelt so viele Unfalltote wie diagnosti­zierte Vergiftungstodesfälle. 0,8 Prozent der Bevölkerung erleiden alljährlich eine Vergiftung. Herzin­farkte wurden ohne EKG selten dia­gnostiziert. Ohne Giftnachweis werden lediglich ein Teil der Schlafmittel- oder akzidentiellen Vergiftungen diagnostiziert. In Ge­genden mit einem rund um die Uhr gut funktionierenden Giftnach­weis werden viermal mehr Vergif­tungen als Herzinfarktpatienten behandelt. Lediglich 5 Prozent al­ler Vergiftungen sind durch ei­ne charakteristische Symptomatik ausgezeichnet. Hausarzt und Not­arzt entscheiden durch ihre sofor­tige Diagnose bei Vergiftungen ebenso wie bei Verdacht auf ei­nen Herzinfarkt, ob eine Spezial-behandlung zur Erhaltung des Le­bens erforderlich ist.

Zu jeder Vergiftung, mit Ausnah­me des leichten alkoholischen Angeheitertseins, muß der Notarzt an den Unfallort kommen. Von seiner umsichtigen Diagnose,Ersttherapie und Auswahl des richtigen nachbehandelnden Krankenhauses hangt in schwe­ren Fällen die Überlebenschance des Vergifteten ab. Kliniken ohne Routinenachweis behandeln zu 90 Prozent Suizidversuche und zu 10 Prozent Drogenintoxikationen. Kliniken mit vereinzelten Giftnach­weismethoden finden zu 60 Prozent Suizidversuche und Kliniken mit einem gut funktionierenden toxikologisch analytischem Labor behandeln nur zu 30 Prozent Drogenintoxikationen und 30 Prozent mit Naqhrungsmittelintoxikationen und gewerblichen unfällen.
Bei der Behandlung von Ver­giftungen unterscheiden sich die Aufgaben und Möglich­keiten des Hausarztes, des Notarztes und der Klinik. Die Arbeit informiert über die Vi­taltherapie zur Erhaltung des Lebens, die Diagnosestellung der Vergiftung, die durch ein­fache Geräte oft schon am Unfallort möglich und auch erforderlich ist. Nach Erläute­rung der verschiedenen Ent­giftungsmaßnahmen werden die Gegengifte, die der Haus­arzt, der Notarzt und die Klinik (in ausreichender Menge) be­reithalten sollten, aufgelistet. Basis bei allen therapeuti­schen Maßnahmen an einem Vergifteten ist die Kenntnis der rechtlichen Aspekte.

Vitaltherapie

Die Vitaltherapie von Vergiftun­gen unterscheidet sich nicht von der üblichen Ersttherapie anderer Notfälle (Tabelle 1).


Bewußtlose werden vom Notarzt an Ort und Stelle intubiert und mit Sauerstoff beatmet. Über einen (zentral-)venösen Zugang werden Plasma und Natriumbikarbonat zur Schocktherapie infundiert. Bei schweren Vergiftungen mit Schlafmitteln, Digitalis, Pflanzen­schutzmitteln und Brandgasen muß mit initialen Reanimations­maßnahmen gerechnet werden.

Ein endoskopisches bronchiales Absaugen in der Klinik verkürzt die Behandlungsdauer, reduziert die Spätfolgen und erspart häufig Antibiotika bei Aspirationspneumonien. Eine PEEP-Beatmung ist die Basis der Vitaltherapie von Lungenkomplikationen bei Schlaf­mittelvergiftungen oder toxischen Lungenödemen.

Bei Herzmittelvergiftungen ist eit passagerer Herzschrittmacher indiziert.

Vergiftungstherapie

Die eigentliche Vergiftungstherapie beginnt stets mit der Diagnostik.

Diagnostik

Da die alleinige Anamnese nur etwa in jedem zweiten Vergiftungsfall einen Hinweis auf das später gefundene Gift liefert, ist der Giftnachweis vor Therapiebeginn ebenso wichtig wie das EKG bei einem Herzinfarkt.

 


Toxikologischer Notfall



LEITSCHEMA ZUR BEHANDLUNG VON VERGIFTETEN

Beatmen:


Atemwege freihalten:

Hausarzt: Zahnprothesen,

Erbrochenes entfernen

    Seitenlage, Guedel-Tubus

    Rettung aus Gasmilieu

Notarzt:    Intubation

  Sekrelabsaugung
Klinik:      Bronchoskopische

Lungenspülung

Gegengifte:

Hausarzt: Kohle-Pulvis:

verschluckte Gifte

    Auxiloson-Spray:
eingeatmete Gifte

    Roticlean:Hautgifte

    Crubro-Kerakain, Isogutt:
Augengifte

Notarzt:    Atropin (5-50-500 mg): Alkylphosphate

  Natriumthiosulfat,

evtl. 4-DMAP:Brandgase, Blausäure, Zyanide

    Calciumglukonat:
Flußsäure

    Dimaval, Sulfactin:
Schwermetalle

    4-DMAP:
Schwefelwasserstoff


VERGIFTUNGS­THERAPIE


Hausarzt: Frischluft

Mund-, Beutelbeatmung

Notarzt:   Sauerstoffbeatmung Klinik:      PEEP-Beatmung

Zirkulation aufrechterhalten:

Hausarzt: Puls - Herzstillstand

    Schock   -   Ruhe,   Wärme,
warme Getr
änke

    Krämpfe            Taschentuch
zwischen Z
ähne

Notarzt:    Venenzugang (zentraler)

  Plasma-(expander-)lnfusion

   Natriumbikarbonal-lnfusion
Klinik:      Herzschrittmacher

Diagnostik:

Hausarzt: Alter, Geschlecht

   Gift (asservieren!)

   Menge, Einnahmezeit­
punkt, Eintrittspforte,
Symptome,
Erstma
ßnahmen (Laien)

Notarzt:    Leitsymptome

    Gasspürgerät
(Ausatemluft)

    Schnellteste

Klinik:

    quant. Giftnachweis

    Ausschluß anderer Gifte


 


Klinik:


Physostigmin: Psychopharmaka, Atropin, Alkohol Toluidinblau: Methämoglobinbildner Antidotum Thallii:Thallium


 


Fürsorge:

Hausarzt:

Notarzt:

Klinik:


    Grunderkrankungen

    Begleiterkrankungen

    Überwachung
(Selbstmörder)

    Krankenwagen

    Warnung vor Gift (Polizei?)

    Giftbeseitigung
(Feuerwehr?)

    Mitvergiftete
(Gesundheitsamt?)

    Komplikationen

    BG-Meldung
mit Giftnachweis

    Konsilärzte (Psychiater)

    Spätfolgen


Entgiftung:

Hausarzt: Haut und Augen mit Wasser spülen

    Ätzmittel: viel Wasser
trinken lassen

    Chemikalien: Wasser trinken
und erbrechen lassen

Notarzt:    Magenspülung nur

RECHT

bei AlkylphosphatenfE 605), Herzgiften, Metallsalzen (Arsen)  und   Cyaniden

Klinik:      Routinemagenspülung

    Dialysen

    forcierte Abatmung

    forcierte Diarrhöe

Recht:

Hausarzt: telefon. Laieninformation{entscheidet über das Überleben)

    Giftreste bei gewerbl. Vergiftungen oder Mordversuch
Notarzt:   Selbstgefährdete verwahren

    Tod = unnatürlich (Polizei verständigen)
Klinik:      strikte ärztliche Schweigepflicht

    Geschäftsführung ohne Auftrag bei Bewußtlosen


Tabelle 1


Toxikologischer Notfall


Vergiftungen mit einer eindeuti­gen Anamnese und einer ausge­prägten charakteristischen Sym­ptomatik werden selten übersehen oder falsch behandelt. Gefährlich sind Vergiftungen aufgrund von Verwechslungen, Mord- oder heimlichen Selbstmordversuchen und Gifte mit Latenzzeit, die erst nach einer längeren Zeit ihre cha­rakteristische Symptomatik zeigen (Tabelle 2).

Der Notarzt kann nach Messungen mit der Handpumpe eines Gas­spürgerätes und entsprechenden Prüfröhrchen die Einsatzkräfte be­raten, ob bei einem Unfall (Brand) eine Rettung aus einem Gasmilieu mit oder ohne schweren Atem­schutz möglich ist.

Aufgrund von Leitsymptomen wird in der Ausatemluft (Tabelle 3) oder im Urin bzw. Magenspülwasser (Tabelle 4) nach den wichtigsten Giftgruppen gefahndet. Im mitge­brachten Asservat werden Lö­sungsmittel nach einem Schema mit dem Gasspürgerät identifiziert (Tabelle 5). Blausäurevergiftungen bei Bränden, Hypoglykämien bei


Alkoholintoxikationen u.a. können vom Notarzt nur dann sofort richtig behandelt werden, wenn am Un­fallort sofort ein Schnelltest durch­geführt wurde (Tabelle 6).

Der Giftnachweis ist auch in der Kli­nik für die Effizienz der Behand­lung unerläßlich (Bewußtlosigkeit, Hirnödem oder Schlafmittelkon­zentration). Zum Ausschluß einer Vergiftung (traumatischer Hirntod) ist manchmal ein dünnschicht-chromatographischer Giftnach­weis erforderlich. Quantitative Gift­nachweise sind bei allen gefähr­lichen Vergiftungen unerläßlich.

Kliniken ohne Möglichkeit eines Giftnachweises können rund um die Uhr vom Gegengift-Depot der Berufsfeuerwehr Oberhausen (Te­lefon 0208/8851) oder dem Tox Center e. V., München (Telefon 089/293232) das Diagnostik-Set anfordern (EMIT-ST, Dräger, Schnellteste).

Entgiftung

Durch den Hausarzt werden ver­schluckte Gifte mit dem Universal-adsorbens Kohle-Pulvis (10 g) ge­bunden {Tabelle 7). Ein Kochsalz­erbrechen ist wegen der Gefahr ei-


ner tödlichen Natriumvergiftung zu gefährlich. Ein Ipecachuanhae-Erbrechen funktioniert nur bei Kin­dern. Es wirkt manchmal erst nach 40 Minuten. Die Substanz hält nur drei Monate. Ein Apomorphiner-brechen ist außer bei tobenden Al­koholikern wegen eines späten Vo­lumenmangelschocks sehr gefähr­lich. Die Gabe von Kohle-Pulvis wirkt sehr rasch - innerhalb einer Minute - und ist wesentlich effi­zienter als ein provoziertes Erbre­chen, das lediglich bei Vergiftun­gen mit Cyaniden, Metallsalzen und Pflanzenschutzmitteln durch Trinken von Wasser und Reizender Rachenwand mit einem Finger durchgeführt werden sollte. Es gibt keine Kontraindikation für die Koh­legabe. Bei Ätzmittelingestionen wird möglichst frühzeitig mit Was­ser oder irgendeiner anderen Flüsigkeit verdünnt, nicht neutrali­siert. Gifte werden von der Haut mit dem Universal-Entgiftungsmittel Polyethylenglykol (Roticlean®) entfernt, das dann mit Wasser ab­gewaschen wird.

Bei einem aus dem Gasmilieu Ge­retteten muß vor dem Transport ei­ne Entgiftung von Haut und Augen mit Roticlean® und Wasser durch­geführt werden. Eine Magenspü­lung vor dem Transport ist erfor-


 

 

Vergiftungen mit Latenzzeit

 

 

Symptom

Gift

Latenzzeit

Vergiftung mit u. a.

 

 

Anurie

Ethylenglykol

12h

Frostschutzmittel

 

 

Doppelbilder

Methylalkohol Botulismus

6-24 h

12-49 h

Schnaps, Lösungsmittel Fleisch, Konserven

 

 

Haarausfall u. a.

Thallium

ab 13 Tage

Zelio-Rattengift

 

 

Konzentrationsstörungen, Zittern

Quecksilber

24 h

Saat beiz mitte l,

verdampftes metallisches Quecksilber

 

 

Lungenödem

Nitrosegase

6^8 h

Brandgase,

Düngemittelverpuff ung

 

 

Transminasenerhöhung + Brechdurchfall

Paracetamol Tet rac h l o rko h l e n stof f

Knollenblätterpilz

24 h

24 h

5-24 h

Analgetika Lösungsmittel, Wespe n gif t Pilzmahlzeit

 

 

 

 

Tabelle 2

5

 

 


Toxikologischer Notfall

 

 

Diagnose in der Ausatemluft

 

 

Leitsymptom

Gift

Drägerrohrchen

Durchführung

 

 

Bewußtlosigkeit + hell­rotes Gesicht

Alkohol Methylalkohol

Alcotest

(oder Methanol 50/a)

Formaldehyd 0,002 + Alcotest (oder Methanol 50/a)

qualitativ: passiv mit Gasspürgerät am Mund ansaugen quantitativ: in einem Atemzug Tüte vollblasen weißes Stück am Mund 0,8%o = bis zum grünen Rand Formaldehydnachweis    mit   Gum­mischlauch   aus   Kohlenmonoxid-Päckchen vor Alcotest: beides po­sitiv   =   Methylalkohol   (Formalde­hyd: rosa; Alkohol: grün)

 

 

Brand gase

Blausäure Phosgen

Blausäure 2/a Phosgen 0,05/a

5 Hübe rot (gleiche Menge Blut und Salzsäure, mit Pumpe entweichen­des Gas messen) 1 Hub blaugrün

 

 

(anfangs Zyanose) Brand gase

Kohlenmonoxid

Atem CO 2/a Kohlenstoffmonoxid 2/a

aktiv: Trockenröhrchen vor Tüte 10 Hübe schwarz passiv: braungrün

 

 

Erregung

Lösungsmittel

Aceton 100/b Benzol 0,05 Kohlenwasserstoff 0,1% b Methylbromid 5/b Schwefelkohlenstoff 0,04 Tetrachlorkohlenstoff 5/C

Toluol 5/a Trichlorethan 50/b

10 Hübe gelb 2-20 Hübe hellbraun 3-15 Hübe braungrau 5 Hübe braun 1-15 Hübe gelbgrün Säureampulle   brechen,  senkrecht halten, 5 Hübe blau (grün - nega­tiv!) 5 Hübe braun (+ 3 Desorptionshübe) 2 Hübe braunrot

 

 

Zyanose + Bewußtlosigkeit

Sc h wef e 1 wasse rstof f , Kohlenmonoxid

Schwefelwasserstoff 1/c Atem CO 2/a

1-8 Hübe hellbraun 10 Hübe schwarz

 

 

enge Pupillen + Speichel- + Schweißflut

AI kyl phosphate (E 605)

Systox 1/a

20 Hübe orange-rot

 

 

 

 

Tabelle 3

 

 

Diagnose im Urin (Magenspülwasser, Serum)

 

 

Leitsymptom

Gift

Nachweis

 

 

Psychose

Amphetamine

EMIT-ST'

 

 

Rausch

Cannabinoide Hypoglykämie Paracetamol Phenylcyclidin Alkohol

EMIT-ST Visidex o. ä. EMIT-ST EMIT-ST EMIT-ST

 

 

Schlaf

Barbiturate Benzodiazepine (einige) Methaqualon Opiate Psychopharmaka Salicylate Trizykl., Phenothiazine

EMIT-ST EMIT-ST EMIT-ST EMIT-ST EMIT-ST Phenistix Forrest

 

 

Verätzung - Mund

Paraquat

Laugen, Säuren

Na-Dithionit pH-Papier

 

 

 

 

Tabelle 4


Toxikologischer Notfall

 

Diagnose

von Lösungsmitteln

im mitgebrachten Asservat

© Alcotest, positiv: Formaldehyd +

Alcotest = Methanol

 

(2) Kohlenwasserstoffe 0,1/2

® Trichlorethylen

® Tetrachlorkohlenstoff

(s) weiter siehe Tabelle 3, Diagnose

in der Ausatemluft

 

 

Tabelle 5


 

 

Schnelldiagnose des Notarztes am Unfallort

 

 

Gift

Schnellnachweis

Therapie

 

 

Ätzmittelingestion (Säuren, Laugen)

pH-Papier

mit H2O oder Roticlean von der Haut spülen

 

 

Alkohol

Visidex-Blut

Glukose i. v. {100 ml 50%ig)

 

 

Blausäure (Brandgas!)

Dräger + Blausäure 2a

4-DMAP (1,5-3 mg/kg KG i. v.) und Natriumthiosulfat (100 ml 10% ig)

 

 

Kohlenstoff monoxid

Dräger + CO-Hb

02

 

 

Lungen reizstoffe

Dräger + Chlorgas. Nitrosegas o. ä.

Auxiloson-Spray (5 Hübe alle 10 Min. bis zum Sistieren der Beschwerden)

 

 

Phosphorsäureester

Dräger + Systox 2/a

Atropin (5-50-500 mg i. v.)

 

 

Paraquat

Na-Dithionit

Kohle-Pulvis, toxikol. Zentrum

 

 

Fluor, Flußsäure

Dräger + Chlorgas

Calciumglukonat 10 ml 10%ig i. v. (oral)

 

 

Metallsalze

Testpapiere

Sulfactin i. m. (2 Amp. ä 250 mg) und Dimaval oral (2 Kaps, ä 100 mg)

 

 

Methämoglobinbildner (Nitrite u. a.)

Nitur-Test

Toluidinblau (2 mg/kg i. v.)

 

 

Schwefelwasserstoff

Dräger + Schwefelwasserstoff 1/c

4-DMAP (3 mg/kg i. v.)

 

 

 

 

Tabelle 6

derlich bei Blausäuresalz-lnge-stion, bei Aufnahme großer Men­gen von Metall salze n (Arsen) von Alkylphosphaten oder von Herzgif-ten (Digitalis, Tabak). In der Klinik können neben einer oft auch dia­gnostischen Routinemagenspü­lung Hämodialyse, Hämo-perfusion, Peritonealdialyse, for­cierte Diurese oder forcierte Abat-mung sowie eine Magen-Darm-La-vage angezeigt sein, die nach einer exakten Diagnosestellung tech­nisch korrekt durchgeführt werden müssen.

werden (Abgabe von Stuhlröhr-chen).

Zur Diagnose von Grund- und Be­gleiterkrankungen, von Komplika­tionen oder Spätfolgen kann das sofortige Konsil eines Neurolo­gen, Psychiaters, Gynäkologen, Augenarztes, H NO-Facharztes, Chirurgen, Anästhesisten oder ei­nes anderen mit der Behandlung Vergifteter erfahrenen Speziali­sten erforderlich sein; eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unerläßlich.

Fürsorge

Nur der Hausarzt kennt exakt die Grund- und Begleitkrankheiten eines Vergifteten sowie die seeli­sche Ausgangslage bei Suizidalen und kann entscheiden, ob z. B. die Mutter zum vergifteten Kind in die Klinik soll.

Jeder Verdacht auf gewerbliche Vergiftungen muß zusammen mit dem Giftnachweis der Berufsge­nossenschaft gemeldet werden.

Suizidal Vergiftete dürfen keine Sekunde unbewacht bleiben. Je­der Verdacht auf eine bedrohliche Vergiftung sollte klinisch abge­klärt werden. Lediglich bakterielle Nahrungsmittelvergiftungen, die Kohle bekamen, und Lungenreizstoffvergiftungen, die in der La­tenzzeit Auxiloson-Spray beka­men, dürfen ambulant behandelt


Toxikologischer Notfall

 

Lebensrettende Sofortmaßnahmen

 

Giftauf-

Oral

Inhalatorisch

Dermal

Injektion

 

 

nahme

 

 

 

 

 

 

Patienten

Ansprechbare

Bewußtlose

 

 

 

 

 

Gifte

Ätzmittel

Chemikalien

Drogen

Gase

 

Injektions-

 

 

 

 

Metalle

Haushalts-Hobbymittel

Kampfstoffe

zwischenfall,

 

 

 

 

 

Lösungsmittel

Lösungsmittel

Tiere

 

 

 

 

 

Medikamente

 

 

(Schlangen)

 

 

 

 

 

Nahrungsmittel

 

 

 

 

 

 

 

 

Pflanzen

 

 

 

 

 

 

 

 

Pflanzenbehandlungsmittel

 

 

 

 

 

Therapie:

 

 

 

Vitaltherapie:

Exposit onsstop

Vitaltherapie:

 

 

Hausarzt

viel trinken

viel trinken

 

Atemwege

 

 

Beatmen

 

 

 

lassen

lassen

 

freihalten,

 

 

Schockthera-

 

 

 

 

 

 

Beatmen,

 

 

pie

 

 

 

 

 

 

Schockthera-

 

 

Herzmassage

 

 

 

 

 

 

pie,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Herzmas-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

sage

 

 

 

 

 

Gegengift

Auxiloson-

Kohle-Pulvis-

Auxiloson-

Roticlean

Volon A

 

 

 

Spray

Atropin (50 mg) bei E 605

Spray,

Calcium-

solubile i. v.

 

 

 

 

Natriumthiosulfat bei Zyaniden

Sauerstoff

glukonat

 

 

 

 

 

 

 

(Flußsäure)

 

 

 

 

 

 

Natriumthiosulfat

 

 

 

 

 

 

(Blausäure,

3randgase)

 

 

 

Notarzt

Beatmen,

Magenspülung  bei Arsen, E 605, Paraquat,

4-DMAP

 

 

 

 

 

Plasmaex-

Digitalis o. ä.

(Blausäure,

Brandgase,

 

 

 

 

pander

 

Sc hwefe 1 wasse rstoff )

 

 

 

Klinik

 

4-DMAP,    Di-

 

(Intubation)

 

 

 

 

 

 

 

maval,    Sulf-

 

Plasma(ex-

 

 

 

 

 

 

 

actin,    Tolui-

 

pander)

 

 

 

 

 

 

 

dinblau

 

Natriumbikar-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

bonat

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dialysen

 

 

 

 

 

 

 

Magenspülung  nach wahrscheinlich letalen

Dimaval, Toluidinblau,

Antiserum?

 

 

 

 

Giftmenqen

4-DMAP u. a.

 

 

 

 

 

 

Tabelle 7

 

 

Gegengifte beim Hausarzt

 

 

Indikation

Medikament

Hersteller

 

 

a) unerläßlich:

 

 

 

 

verschluckte Gifte

Kohle-Pulvis

Dr. F. Köhler Chemie GmbH, 6146 Aisbach-Bergstraße

 

 

eingeatmete Gifte

Auxiloson-Dosier-Aerosol

Thomae, 7951 Biberach

 

 

Gifte von der Haut

Roticlean

Dr. C. Rot h, 7500 Karlsruhe 21

 

 

Gifte im Auge

Chibro-Kerakain, Isoqutt-Spülflasche

Chibret Winzer, 7750 Konstanz

 

 

b) bei Bedarf:

Antidota-Set

Dr. F. Köhler Chemie GmbH, 6146 Aisbach-Bergstraße

 

 

blausäurehattige Brandgase

Natriumthiosulfat 4-DMAP

Dr. F. Köhler Chemie GmbH, 6146 Alsbach-Berqstraße

 

 

Methämoglobinbildner

Toluidinblau

Dr. F. Köhler Chemie GmbH, 6146 Alsbach-Berqstraße

 

 

Anticholinergika (Psychopharmaka, Atropin, Alkohol)

Anticholium

Dr. F. Köhler Chemie GmbH, 6146 Alsbach-Berqstraße

 

 

Metalle

Dimaval

Heyl, 1000 Berlin

 

 

Tobende Betrunkene

Apomorphin

Woelm, 3440 Eschwege

 

 

 

 

Tabelle 8


Toxikologischer Notfall

 

Notarztkoffer

für Vergiftungen

 

Instrumententeil:

 

 

1 Beatmungsbeutel m. Maske je für Erwachsene u. Kinder

1 Einmalskalpell

 

 

1 Intubationsbesteck               je für Erwachsene u. Kinder

1 Stauschlauch

 

 

2 Tuben                                     je für Erwachsene u. Kinder

1 Paar OP-Handschuhe

 

 

1 Guedeltubus                          je für Erwachsene u. Kinder

1 Atuminiumfolie

 

 

1 Magenschlauch                     je für Erwachsene u. Kinder

1 Taschenlampe

 

 

1 Mundkeil

1 Duodenalsonde

 

 

1 Blutdruckapparat

2 Sauerstoffsonden

 

 

1 Stethoskop

2 Infusionsbestecke

 

 

1 Reflexhammer

2 Blasenkatheter

 

 

1 Klemme

2 Absaug katheter

 

 

1 Schere

Gasspür-Handpumpe-Dräger; div. Prüfröhrchen

 

 

1 Pinzette, steril

 

 

 

Medikamententeil:

 

 

500,0 ml Gelafundin (o.a.) - Braun Melsungen

1 O.P. pH-Papier

 

 

250,0 ml 8,4% Natriumbicarbonat

1 Verbandspäckchen

 

 

250,0 ml Biseko®-Biotest

1 Leukosilk®

 

 

100,0 ml Traubenzuckerlösung 50%

4 Alkoholtupfer

 

 

100,0 ml Roticlean - Roth

2 Spritzen 20 ml

 

 

100,0 ml Paraffinöl

2 Spritzen 10 ml

 

 

50 g Natriumsulfat

2 Spritzen 2 ml

 

 

4 O.P, Kohle-Pulvis - Köhler-Chemie

10 Kanülen 12

 

 

2 O.P. Auxiloson®-Dosier-Aerosol (Dexamethason) -Tho-

2Abbocath® 18

 

 

mae

2 Braunülen® 0,5 - Braun-Melsungen

 

 

1 O.P. Isogutt®-Augenspülflasche -Winzer

2 Venofix® 1.1 (Butterfly)

 

 

1 O.P. Locacorten®-Schaum - Ciba-Geigy

1 Asse rvatf läse he

 

 

1 O.P. Chibro-Kerakain®-Augentropfen-Chibret

1 Visidex - Ames

 

 

1 Nitrolingual-Spray 0,4 - Pohl

 

 

 

Ampullenteil:

 

 

4 Ampullenfeilen

1 Arnp. Natriumchlorid 0,9% 10 ml

 

 

2 Amp. Akineton® 1 ml/5 mg (Biperiden) - Knoll

3 Amp. Natriumthiosulfat 10% 10 ml - Köhler-Chemie

 

 

2 Amp. Alupent® 0,5 mg/1 ml (Orciprenalin)

1 Amp. Nicotinsäureamid 10% 10 ml (z. Zt. noch nicht im

 

 

- Boehringer-lngelheim

Handel)

 

 

1 Amp. Apomorphin 10 mg/1 ml (Apomorphin-hydrochlo-

1 Amp. Novadral® 10 mg/1 ml (Norfenefrin) - Gödecke

 

 

ric.) - Woelm

2 Amp. Novalgin® 25 mg/2 ml (Novaminsulfon) - Hoechst

 

 

2 Amp. Aponal 25 mg/2 ml (Doxepin) - Galenus

1 Amp. Pentothal® 500 mg (Thiopenta!) - Lentia

 

 

2 Amp. Atropin 0,001 mg/1 ml (Atropin sulfuricum) - Thilo

2 Amp. Anticholium 2 mg/5 ml (Physostigminsalicylat)

 

 

5 Amp. Atropin 1% 10 ml (Atropin sulfuricum}

- Köhler-Chemie

 

 

- Köhler-Chemie

2 Amp. Psyquil® 20 mg/1 ml (Triflupromazin) - Heyden

 

 

2 Amp. Calcium 10% 10 ml (Calciumgluconat)

2 Amp. Volon A solubile 40 mg/1  ml (Triamcinolonacet-

 

 

- Phytopharma

amid) - Heyden

 

 

1 Amp. Desferal® 500 mg (Desferrioxamin) - Ciba-Geigy

1 Amp, Succinyl-Asta 1% 10 ml (Suxamethonium)

 

 

2 Amp. 4-DMAP 5 ml/250 mg (4-Dimethylaminophenol)

- Asta

 

 

- Köhler-Chemie

2 Amp. Sulfactin® 100 mg/2 ml (Dimercaprol, BAL)

 

 

2 Amp, Fortral 30 mg/1 ml (Pentazocin) - Winthrop

-Chemie Homburg

 

 

2 Amp. Dopamin 50 mg/5 ml (Noradrenalin-Vorstufe)

1 Amp. Suprarenin® 1 mg/1 ml (Epinephrin/Adrenalin)

 

 

- Giulini

- Hoechst

 

 

1 Amp. Euphyllin® 0,24 mg/10 ml (Theophyllin)

1 Amp, Toluidinblau 3% 10 ml - Köhler Chemie

 

 

- Byk-Gulden

1 Amp Toxogonin®   250   mg/1   ml   (Obidoximchlorid)  -

 

 

2 Amp. Lanicor® 0,5 mg/1 ml (Digoxin)

Merck

 

 

- Boehringer-Mannheim

2 Amp. Valium® 10 mg/2 ml (Diazepam)

 

 

2 Amp. Lasix® 20 mg/2 ml (Furosemid) - Hoechst

- Hoffmann-La Röche

 

 

2 Amp. Narcanti 0,4 mg/1 ml (Naloxon) - Winthrop

1 Amp. Xylocain® 5 ml 2% (Lidocain) - Astra

 

 

 

 

Tabelle 9


Toxikologischer Notfall

 

 

 

Gegengifte in der Klinik

 

 

Indikation

Präparat/ Gegengift

Dosierung

Wirkstoff

Bemerkungen

Bevorratung pro 50 000 E.

 

 

Alkylphosphate, Carbamate

Atropin 1 % (Fa. Köhler-Chemie)

5-50-500 mg initial i. v.

Atropinsulfat

Bis zum Verschwin­den der bronchialen Sekretflut, Brady-kardie, Krämpfe, Miosis

200 Amp.

 

 

Anticholinergika (Psychopharmaka, Atropin, Alkohol)

Anticholium (Fa. Köhler-Chemie)

2 mg i. m. (0,02 mg/kg KG) oder langsam i. v.

Physostig-minsalicylat

Nur   bei   Mydriasis, heißer,        trockner Haut,    Halluzinatio­nen,    Koma,    Herz­rhythmusstörungen oder     Atemdepres­sion

10 Amp.

 

 

Botulismus: Fleisch, Fisch, Konserven

Botulismus

Antitoxin (Fa. Behring)

50-400 ml initial als Infusion

Serum

vorher Allergietest konjunktival

10 Fl.

 

 

Brandgase,   Glottis­ödem,    Lungenreiz­stoffe

Auxiloson-Dosier-Aerosol (Fa. Thomae)

5   Hübe,   alle   10 Min.

Dexametha-son

bis zum Sistieren des Hustenreizes wiederholen

100 O.P.

 

 

Brandgase (Blau­säure)

4-DMAP (Fa. Köhler-Chemie)

1,5 mg/kg i. v.

Dimethyl-paraamino-prienol

nur bei Bewußtlo­sigkeit, anschlie­ßend stets Natrium-thiosulfat!

10 Amp.

 

 

Blausäure, Zyanide

 

3 mg/kg i. v.

 

 

 

 

 

Brandgase      (Blau­säure), Loste

Natriumthio-sulfat (Fa. Köler-Chemie)

100 mg/kg i. v.

Natriumthio-sulfat

ausreichend bei An­sprechbaren; stets nach 4-DMAP

100 Amp.

 

 

Digitalis

Digitalis-Anti-

dot B M (Fa.     Boehrin-ger,         Mann­heim)

1. Std. 160 mg, dann 4 Std. je 80 mg/l

Schaf-Antidi-goxin    Frag­mente

vorher Konjunktival-test, 80 mg binden 1 mg Digoxin oder Di-gitoxin = 1 ng Digo­xin = 10 ng Digito-xin im Serum

6 Amp.

 

 

Dyskinesien, EPMS-Syndrom      (Neuro-leptika)

Akineton

(Fa. Knoll)

1-2 Amp. i. v.

Biperiden

bei Überdosierung: Antidot Anticholium

10 Amp,

 

 

Eisen

Desferal (Fa. Ciba)

1-2 g i.v., + 5-10 g oral (Magenspü­lung)

Desferox-amin

i. v. max. 16 mg kg/h

10 Amp.

 

 

Erregung,      Angst, Suizidgefahr,     Dro­gen, Allergie

Aponal forte (Fa. Galenus)

50 mg oral, 2^ mal/die

Doxepin

Antidot Anticholium

50 Drag.

 

 

Giftschlangen, europ.

Schlangengift­serum (Fa, Behring)

20-60 ml i. v. (i. m.)

Serum gegen europäische Schlangen

vorher Allergietest konjunktival

10 Amp.

 

 

Hautspülmittel, Magenspülmittel

Roticlean (Fa. Roth, Karlsruhe)

waschen Magenspülung: 1,5 mg/kg -500 m l

Polyethylen-glykol 400

auch Tenside, Ätz­mittel, fettlösliche Substanzen, löst Ta-blettenbezoare im Magen

1000 ml

 

 

INH

Nicotinsäure-amid

10-20   ml   10% ig i. v.

z. Zt.      noch nicht im Han­del

dosieren bis Sistie­ren der Krämpfe

2000 mg

 

 

 

 

Tabelle 10

 

0

 


Toxikologischer Notfall

 

 

Gegengifte in der Klinik

 

 

Indikation

Präparat/ Gegengift

Dosierung

Wirkstoff

Bemerkungen

Bevorratung pro 50 000 E.

 

 

Kupfer,      Quecksil­ber, Zink

Metalcaptase (Fa. Homburg)

1 Amp. oder 3x5 Tab./die;   Wieder­holung

D-Penicill-

amin

Allergie

5 Amp.

 

 

Methämoglobin-amie, Anilin, Nitrite

Toluidinblau

(Fa.       Köhler-Chemie)

2-4 mg/kg streng i. v. (3%ige Lösung)

Redoxfarb-stoff

zusätzlich 250 ml 1 molares    Natrium­bikarbonat i. v.

2 Amp.

 

 

Methanol

Folsan {Fa. Kali)

1 Amp. i. m.,

max. 10 mg/kg

Folsäure

Allergie; nach Etha­nol

20 Amp,

 

 

Methanol, Ethylenglykol

Alkohol

init. 0,5-0,75 g/kg

Ethanol

Nachweis      D rage r Formaldehyd und Alkoholtest

500 ml

 

 

Opiate

Narcanti (Fa. Winthrop)

1 Amp., Wiederholung

Naloxon

Entzugssyndrom bei Abhängigkeit

10 Amp.

 

 

Orale Gifte, wasser- und fettlöliche; Entschäumer, Paraquat

Kohle-Pulvis (Fa.       Köhler-Chemie)

10 g in Einmalbe­cher mit Wasser

Medizinal­kohle

Wiederholung bei Bewußtlosen 4stdl.,    als    Laxans anschließend   Natri­umsulfat    (Erwach­sene 2 Eßl.)

200 O. P.

 

 

Paracetamol

(Analgetika)

Fluimucil (Fa.       Inphar-

zam)

initial   150   mg/kg KG i. v.

Acetylcystein

Infusionsschema beachten! Therapiebeginn   in­nerhalb     10     Std. nach Vergiftung

100 Amp.

 

 

Quecksilber    (auch org.),   Arsen,   Gold, Nickel,       Antimon, Wismut, Chrom, Ko­balt,  Mangan,  Kad­mium (oral)

Dimaval (Fa. Heyl)

3 x 1 Kps./die oral

DM PS

in  schweren  Fällen 2 Kps. 2stdl.

60 Kaps.

 

 

Schock, anaphy-lakt., Hirnödem

Volon A solubile (Fa. Heyden)

40 mg i. v.

Triamcino-lonacetamid

Wiederholung 2stdl.

10 Amp.

 

 

Schwefelwasser­stoff

4-DMAP

{Fa.       Köhler-Chemie)

3 mg/kg i. v.

Dimethylami-nophenol

Wiederholung  nach 2 Std. in halber Do­sierung;  Auxiloson-Spray

S. 0.

 

 

Thallium: Rattengift (Zelio)

Antidot. Thallii Heyl (Fa. Heyl)

6 Kps. initial 3x2 Kps./die oral

Eisen-lll-He-xa-cyanofer-

rat-ll

max. 2 Kps. std l.

60 Kaps.

 

 

Verätzung: Auge

1.Chibro-Kera-kain (Fa. Chibret) 2. Isogutt (Fa. Winzer)

1-2 Tropfen vor Augenspülung

Spülbeutel

Proxymeta-

cin

Phosphat­puffer

dann Isogutt mit Beutel spülen

20ml

5 x 250 ml

 

 

Verätzung: Haut

Locacorten-Schaum (Fa. Geigy)

mehrmals pro die applizieren

Flumethason

nach Entgiftung mit Roticlean,     verhin­dert   Narbenstriktu-ren

100 ml

 

 

 

 

Tabelle 10 (Fortsetzung)

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Gegengifte

Außer der Kohle (siehe unter Ent­giftung) gehört das Universal-Lungen-Antidot Auxiloson-Dosier-Aerosol (Dexamethasonspray) in die Bereitschaftstasche des Haus­arztes. Lungenreizstoffe vom So­forttyp wie Chlorgas (Schwimm­baddesinfektion) oder vom La-tenztyp (Nitrosegas) oder vom Mischtyp (Brandgas, WC-Reini­ger) werden therapeutisch oder prophylaktisch (5 Hübe alle 10 Mi­nuten bis zum Sistieren der Be­schwerden oder einmalig) ange­gangen. Zur Entfernung von Gif­ten von der Haut empfiehlt sich Roticlean®. Einige Antidote sollen nach pc-Verschreibung für den Notfall in der Praxis bereitgehal­ten werden (Tabelle 8).

Der Notarzt muß in einem eigenen Vergiftungskoffer eine Reihe sel­tener Antidote neben diagnosti­schen und therapeutischen Hilfs­mitteln mit sich führen (Tabelle 9).

In Kliniken, an die Notarztwagen angeschlossen sind, müssen auch sehr selten benötigte Gegengifte in ausreichender Menge jederzeit verfügbar sein. Kreiskrankenhäser sollten auch für den Fall von Massenvergiftungen Antidot-Vor-räte haben, Menge pro 50 000 Einwohner, (Tabelle 10). Besonder­heiten bei der Dosierung von Antidoten sollten beachtet werden.

Recht

Zur Grundlage jeder ärztlichen Tätigkeit am Vergifteten gehören auch entsprechende Rechts­kenntnisse. Zum Ausschluß eines möglichen Fremdverschuldens müssen alle Spuren und Giftreste sichergestellt werden, Selbstge­fährdete müssen nach dem zu­ständigen Verwahrungsgesetz auch gegen ihren Willen einer korrekten Behandlung zugeführt werden,

Geschäftsführung ohne Auftrag liegt vor, wenn die Willensfähig­keit eines Patienten durch eine Vergiftung beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Zur Verwahrung von Selbst- oder Fremdgefährde­ten oder bei an einer Vergiftung Verstorbenen (unnatürlicher Tod) muß die Polizei verständigt wer­den. Auch bei Presse, Ehepart­nern und Polizei muß auf eine strikte Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht geachtet werden.


Alle, insbesondere gewerbliche, Unfälle müssen restlos aufgeklärt werden, verbunden mit exakter Dokumentation - auch anfangs belanglos erscheinender Kleinig­keiten - und einer pedantischen Sammlung von Asservaten, die beschriftet und unter Verschluß gehalten werden sollten.

Selbst- bzw. Fremdgefährdete müssen der Polizei gemeldet und in einer geeigneten Abteilung un­tergebracht werden. Da es sich um einen unnatürlichen Tod han­delt, muß der Verdacht eines Ver­giftungstodes der Polizei gemel­det werden.

Literatur

Daunderer, M.: Akute Intoxikationen, 3. Aufl., Urban und Schwarzenberg. München-Wien-Baltimore (1984)

 - Daunderer, M.: Klinische Toxikologie, in: Toxikologische Enzyklopä­die", Eco-med, Landsberg, 4. Bd., 7. Erg. Liefg. (1984)

- Baselt, R, C.i Disposition of To-xic Drugs and Chemicals in Man, 2. Aufl., Bio-medical, Davis (1982)

- Ludewig, R., Lohs, K.: Akute Vergiftungen. 6. Aufl., Fischer, Stuttgart, New York (1981)

Dr. Max Daunderer Internist Weinstraße 11 8000 München 2


 


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