Titan


Chemische Formel

Ti

 

Beschaffenheit:

Titan (Atomgew. 48,l) steht in mancher Beziehung zwischen Silizium und Zinn, in anderen ist es eng  verwandt mit  Eisen, Chrom und Aluminium. Die Kristalle-nachgewiesen von SHARP (der eine Woche lang  täglich gr. ii. der ersten Pulverisierung einnahm) wurden zunächst für reines Metall gehalten, erwiesen sich später aber als Cyanonitrid.  Titan ist ein silbergraues Übergangsmetall in der 4. Gruppe des Periodensystems, mit einer Dichte von  4,5 g/cm3, einem Schmelzpunkt von 1670 “C und einem Siedepunkt von 3260 “C. Titan ist recht korrosionsbeständig, kommt hauptsächlich in der Oxidationsstufe IV, aber auch in 111 und 11 vor. Wichtig ist das  weiße Titandioxid-Pigmet mit der Dichte 4,0 g/cm3 und dem Schmelzpunkt 1870 “C. Pflanzen und Nahrungsmittel enthalten etwa 3 mg/kg Titan (bezogen auf Trockengewicht), mit Titandioxid geweißter Käse mehr. Der Mensch nimmt am Tag 0,3 bis 1 mg auf, scheidet aber den größten Teil mit dem Stuhl wieder aus (VALENTIN und SCHALLER, 198 0). Der Körper von Erwachsenen enthält etwa 15 mg  Titan, hauptsächlich in der Lunge.

 

Vorkommen/ Verwendung: 
Titan ist kein seltenes Metall; als eines der zehn häufigsten Elemente tritt es in der Erdkruste in Konzentrationen von ca. 0,6% auf. Im Meerwasser findet man etwa 1 bis 2 µg/l. Das wichtigste Titanerz ist der  Ilmenit, ein Eisentitanat, das 35 bis 60% Titandioxid enthält und dessen Hauptlagerstätten in Australien,  Norwegen, Kanada und den USA liegen. Das wirtschaftlich zweitwichtigste Titanerz, der Rutil, mit ca. 95% Titandioxid, wird hauptsächlich in Australien gefunden. Die weltweite Produktion von Titankonzentraten betrug im Jahre 1977 3,4 Mio. t Ilmenit, 340 000 t Rutil und 700 000 t Titan-haltige Schlacke.  Letztere entsteht als Nebenprodukt bei der Eisenherstellung durch Reduktion des kanadischen Ilmenits im Elektroofen.  Wichtige handelsübliche Formen des Titans sind das Dioxid, das Metall sowie das Tetrachlorid. Das  Metall sowie seine Legierungen werden in der Luft-und Raumfahrt verwendet, also dort, wo hohe  Ansprüche an Festigkeit, geringes Gewicht und Korrosionswiderstand gestellt werden. Bei der klinischen  Nachuntersuchung von metallkeramisch verblendeten Zahnkronen und -brücken aus gefrästem oder  funkenerodiertem Titan bestätigten sich die schon früher ermittelten schlechteren Verbundfestigkeitswerte gegenüber konventionellen Aufbrennlegierungen. Die ersten Defekte zeigten sich bei 15 Prozent der untersuchten Arbeiten bereits nach 18,5 Monaten, so die Studie »Metallkeramischer Zahnersatz aus Titan« von P.-D. Reppel et al., DZZ 47, 1992 (DZW 40/1992). Aufgrund seiner weißen Farbe und seines hohen Brechungsindexes wird Titandioxid häufig als weißes Pigment verwendet. Das Hauptanwendungsgebiet für Titandioxid-Pigmente ist die Herstellung von Ölfarbe, aber auch bei Kunststoffen, Gummi, Papier, Keramik, Fasern, Druckfarben, Kosmetika und Lebensmitteln findet es Verwendung. Im Jahre 1980 wurden weltweit 2,5 Mio. t Titandioxid-Pigmente sowie 86 500 t metallisches Titan produziert.  Titanmineralien werden auch zur Beschichtung von Schweißdrähten verwendet; der weltweite Verbrauch  ist beachtlich, doch sind keine Zahlenangaben darüber bekannt.  Titantetrachlorid ist Ausgangsmaterial zur Herstellung von Titantrichlorid, einem Katalysator für die  PoIyethylenherstellung, und zur Synthese einer Reihe organischer Titanverbindungen. Davon sind Isopropyltitanat und Tetra-n-butyltitanat, die als Katalysatoren, Vernetzer und Oberflächenmodifizierer Verwendung finden, die wichtigsten Beispiele.  Titanmetall und Titandioxid werden beispielsweise als Pudergrundlage, opt. Aufheller oder als weißer  Pigmentzusatz verwendet. Andere Titanoxide sind ohne praktische Bedeutung.  Zahnmaterialien (Implantate) enthalten Aluminium und Vanadium.

 

Titanhalogenide: 
Titantetrafluorid sowie Titantetrachlorid und Titanoxychlorid finden sich in (militärischen) Nebelmitteln  sowie zur Gewinnung des reinen Metalls; sehr feuchtigkeitsempfindlich (Hydrolyse! Intensive Säurewirkung!) -stark ätzend!

Titantetraiodid sowie Titantetrabromid sind harmloser und nur von untergeordneter, spezieller Bedeutung.  Titansulfate, bedeutsam Titanylsulfat, Beiz-und Gerbmittel, wasserlösliches Zwischenprodukt für Farbstoffherstellung.  Titanate, z. b. Calcium-, Bismut-, Barium-, Bleititanat (Farbpigmente), sind relativ harmlos, allenfalls sind  Beimengungen löslicher (Barium-oder Blei-) Salze bedeutsam.

 

Organische Titaniumverbindungen:

Kaliumtitanyloxalat (krist., wasserlös., aber relativ stabil), Beizmittel für Woll-und Lederfärbung, auch  als Bestandteil von Fleckenwasser.  Titansäureester bzw. Alkyltitanate und Titanchelate, vorwiegend flüssig, wachsende technische Bedeutung als (Kunstharz-) Lackzusätze sowie als Haftvermittler und für Klebefolien, ferner als Dispergierhilfsmittel und Imprägniermittel und Katalysatoren. Beispiele: Tyzor AA (Titaniumacetylacetonat), Tyzor PB  (teilpolymerisiertes Butyltitanat), Tyzor TE (Triethanolamin-titanat), TPT (Tetraisopropyltitanat).  Titancarbonyle, Treibstoffzusätze.


Wirkungscharakter:

Metall und Halogenide:

Perorale Aufnahme oder Inhalation von Titaniumhalogeniden verursacht starke Säureverätzung (durch  Hydrolyse Freisetzung von HCl, HF usw.; Verlauf daher wie bei Säure-bzw. Halogenvergiftung. Die meisten der übrigen anorganischen Titaniumverbindungen (sowie Titaniummetall) werden auf Grund  ihrer schlechten Löslichkeit kaum resorbiert und sind daher im allgemeinen verschluckt nicht akut toxisch.  Als Zahnersatz oder Knochenersatz wird es irreversibel im Körper eingelagert, s. Elektrosensibilität

 

Organische Verbindungen:

Nach Aufnahme organischer Titaniumverbindungen, über deren akute Toxizität nur wenig bekannt ist,  muß neben lokalen Reizerscheinungen auf Grund teilweise guter Lipidlöslichkeit mit Resorptivwirkungen (z. B. auf das ZNS) gerechnet werden; abgespaltene Alkohole bzw. Chelatbildner können toxikologisch  ausschlaggebend sein. Nach Aufnahme (Inhalation, Hautresorption usw.) von Titaniumcarbonylen Verlauf etwa wie bei Nickel-carbonyl.


Allergenität

Schmerzen, die 1 bis 2 Jahre nach Implantation einer Hüftendeprothese aus Titan auftreten, können  durchaus durch eine Metallallergie verursacht werden. Die Metallallergie führt zu erheblichen Schmerzen und einer lokalen Osteoporose.  Der Nachweis geschieht durch einen Langzeit-Allergietest mit Titan über 7 Tage.  Ein Austausch in titanfreier Versorgung ist die einzige kausale Hilfe

 

Toxizität:

Wegen seiner weitverbreiteten Verwendung als Pigment, war Titandioxid Gegenstand mehrerer toxikologischer Untersuchungen. Diese ergaben, daß Titan nicht toxisch ist und daß schädliche Wirkungen dem Anion der Verbindung zuzuschreiben sind, z. B. der Salzsäure im Fall von Titantetrachlorid.  Aufgrund seiner kleinen Gröi3e (ca. 20 µm) wird das Titandioxid-Pigment als Staubbelästigung eingestuft. Von der American Conference of Governmental Industrial Hygienists (1980) und dem U.K. Health and  Safety Executive (1980) wurde ein Grenzwert von 10 mg/m3 festgelegt, während in Deutschland der MAK-Wert auf 8 mg/m3 festgesetzt wurde. Obwohl in den Lungen von Arbeitern mit langjähriger Tätigkeit in der  Titanpigment-Industrie Titandioxid gefunden wurde, konnten keine schädlichen Folgen festgestellt werden.

 

Symptome:

Kopf: Benommenheit

Augen: Wunsch, die Lider geschlossen zu halten. Objekte wurden nur zur Hälfte wahrgenommen.

Magen: Appetitverlust, Übelkeit, Magendrücken.

Allgemeinzustand: Stark beeinträchtigt. Versuchsperson sah aus und fühlte sich schwer erkrankt.

Männl. Sexualorgane: Vorzeitiger Samenerguß.


Nachweis

Epicutantest mit der verdünnten (1%) Substanz über 7 Tage auf dem Pflaster belassem (Spätallergie).

Bei Positivem Ergebnis sollte Autoimmunscreenig erfolgen.

 

Therapie:

Metall und Halogenide:

Titaniumhalogenide von Haut mit Wattetupfer, Seiden-oder Löschpapier trocken abtupfen, dann unter fließendem Wasser gründlich spülen. Nach Einwirkung auf Augen oder nach (außergewöhnlicher) peroraler Aufnahme Maßnahmen sinngemäß wie bei Säure-bzw. Fluorwasserstoffvergiftung, nach Inhalation wie bei einer Chlorvergiftung.

 

Organische Verbindungen:  
Nach peroraler Aufnahme (lipoidlöslicher) organischer Titaniumverbindungen sofort Natriumthiosulfatlösung i.V.. Aktivkohle und/oder Magenspülung. Weiter symptomatisch unter besonderer Beachtung des  neurologischen Status, von Herz-Kreislauf-sowie Leber-und Nierenfunktion.

 

 

Kasuistik:

1. Fall:

B. C., 23 Jahre, m.

Noxe: 2 Amalgamfüllungen

 

Anamnese:

Der 23jährige Flugtriebwerksbauer litt unter zunehmender Nervosität und einem raschen Haarausfall seit  Arbeitsbeginn, der zu Alopezia totalis (incl. Körperbehaarung) führte.

 

Laborwerte:

Staub am Arbeitsplatz:

Titan 401909 µg/kg

Chrom 15400 µg /kg

Aluminium 8878 µg/kg

Beryllium 190 µg/kg

Nickel 133  µg/kg

Urin (20.12.90) bei Kreatinin 2,04 g/l

Titan 141 µg /l

Aluminium 15 µg/l

Chrom 0,5  µg/l

Nickel 0,9 µg /l

Zink 1730 µg /l

Urin (20.12.90) nach Mobilisierung mit DMPS bei Kreatinin 1,33 g/l

Titan 279  µg(l

Beryllium 2,3 µg/l

Kupfer 1612 µg/l

Quecksilber 12,5 µg /l

Zinn 12 µg/l

 

Urin nach einer zweiten Mobilisierung mit Dimaval(25.02.91) Urinkreatinin 1,25 g/l

 

Titan 116 µg/l

Stuhl: Titan 302  µg/l

Heparinblut

Titan 160 µg /l

Nickel 6,4 µg /1

 

Eine Mobilisation mit DMSA zeigte keine Förderung der Ausscheidung.

 

2. Fall:

T. H., 54 Jahre, w.

Noxen:

15 Amalgamfüllungen bis 11/85, 1982 und 1986 alles erneuert

0 Kunststoffüllungen

8 Zahnkronen, z. T. mit Titan

 

Symptome und Befunde:

Müdigkeit/Antriebslosigkeit, Kopfschmerzen, Nervosität, Muskel-und Gelenkschmerzen, Infektanfälligkeit.


Laborwerte:

Urin I

Methanol 4,9 mg/g Kreatinin

Ameisensäure 3,6 mg/g Kreatinin

Zink 197 µg /1

Selen 13,3 µg /1 


Urin II

Quecksilber 3 µg /1

Titan 0,5 µg /1


Speichel II

Titan 22 µg /1

Blut:

Folsäure 166 µg /l

 

Hausstaub

Formaldehyd 37,2 mg/kg

PCP 3,2 mg/kg

 

Es wurden nur auffällige Werte angegeben.

 

Diagnose:

Iatrogene Amalgamvergiftung, chronische inhalative Formaldehyd-Methanol-Vergiftung, Pentachlor- Phenol-Belastung, Titanvergiftung


Therapie:

Expositionsstopp gegenüber exogener Noxen

Entfernung von Metallen aus dem Kieferbereich 
Metallantidotgabe (DMPS)

 

 

Literatur:

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