Radioaktivität Chemieschutz

Cleveland Biolabs hat ein Medikament entwickelt, das Menschen vor den oft tödlichen Folgen radioaktiver Strahlung schützen soll. Angeblich genügt eine einfache Injektion. Bislang standen Mediziner der sogenannten Strahlenkrankheit weitgehend hilflos gegenüber. Ionisierende Strahlung zerstört Zellbausteine und führt direkt zum Zelltod. Sie kann aber auch am Erbgut Veränderungen hervorrufen, die bei der nächsten Zellteilung weitergegeben werden und zur Entstehung von Krebs beitragen. Schutz vor den Strahlen gibt es bisher kaum; nur die Anlagerung radioaktiven Jods in der Schilddrüse lässt sich durch Jodtabletten vermindern.

Viel weiter reichend soll die Wirkung von CBLB502 sein. Entdeckt hat das Mittel der amerikanische Molekulargenetiker Andrei Gudkov. Es handelt sich um ein Protein, das aus Salmonellen gewonnen wird. Seine mutmaßliche Wirkung: Das Bakterieneiweiß dockt auf einer strahlengeschädigten Zelle an einen Rezeptor an, der normalerweise das Immunsystem aktivieren würde.

Auf diese Weise wird das Selbstmordprogramm ("Apoptose") der beschädigten Zelle gestoppt, mit dem sie sich sonst aus dem Verkehr ziehen würde, um dem Gesamtorganismus nicht zu schaden; so gewinnt sie Zeit, um beispielsweise Reparaturmechanismen in Gang zu setzen. Es ist derselbe Trick, den etwa eine Tumorzelle anwendet, um trotz ihrer krankhaften Veränderung im menschlichen Körper zu überleben.

Von denjenigen Affen, die das Medikament nicht erhalten hatten, starben 70 Prozent. Dagegen überlebten mehr als 60 Prozent der Affen, die vorher behandelt worden waren. Das Medikament schlug selbst dann noch erfolgreich an, wenn es erst 72 Stunden nach der Bestrahlung injiziert wurde. Allerdings müsse das Präparat erst noch am Menschen getestet werden. In der Tat weiß bislang noch niemand, inwieweit die Ergebnisse aus den Affenversuchen übertragbar sind.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,druck-641732,00.html