Daunderer                                       G 6

Kampfstoffvergiftungen

Diagnostik und Therapie

Kompendium

der Klinischen Toxikologie

Teil ffl-Band 6

ecomed


 

Vorwort


In 37 Ländern der Erde gibt es derzeit Chemische Kampfstoffe. Darunter sind der Irak, der Iran, Israel, die USA, die UdSSR, Nordkorea, Syrien, Afghanistan und Frankreich.

Während bis vor kurzem Westdeutschland als das am meisten gefährdete Land angesehen wurde, dürfte dies nun für Israel bzw. seine Nachbarn gelten.

Die unglaubliche Heimtücke der chemischen Waffen wird insbesondere denjenigen klar, die als Opfer nach dem 2. Weltkrieg die Wehrmachtsbestände von Lost, Tabun, Sarin und anderen Kampfstoffen mit primi­tivsten Mitteln ungiftig machen sollten und heute unter schwersten Organschäden leiden, aber keine Aner­kennung finden. Etwa 50 Überlebende der »Muna«, einer Munitionsfabrik für Kampfstoffe in Traunreuth kämpfen heute noch vergeblich um ihre Rentenansprüche, da ihre Folgekrankheiten ihrer chronischen Kampfstoffkontakte nicht dem Bild einer akuten Vergiftung ebenbürtig sind. So haben ehemals Lostge-schädigte Gefäß- und Nierenschäden. Unsere Kenntnisse der Spätschäden sind außerordentlich mager. Da es sich um ein düsteres Kapitel aus der deutschen Geschichte handelt, schieben wir alle Erinnerungen daran angewidert weg. Ehemals Vergiftete werden wie Aussätzige behandelt.

Leider gibt es auch in Deutschland zahlreiche Opfer ziviler Chemiewaffeneinsätzen. Demonstranten wur­den abwechselnd mit CN- und CS-Gas aus Wasserwerfern und von Hubschraubern aus beschossen. Bei einer Anhörung im Bayerischen Landtag äußerte sich der Autor mit Entsetzen darüber, daß die Polizei mit Chemikalien, die eine bedrohliche Langzeitwirkung haben, auch auf Unbeteiligte einwirkt. Geschädigt werden auch die anwendenden Polizeibeamten, wenn sie die Gifte entgegen der Windrichtung abschießen sollen.

Zwischenzeitlich sind auch bei uns diese Gefahren wieder in Vergessenheit geraten. Jeder Zivilist darf bei uns für den Hausgebrauch und zu seinem persönlichen »Schütze« CN- und CS-Gas haltige Sprühdosen und Schreckschußpistolen besitzen und bei einem Gefühl der Bedrohung anwenden. Sehr viele von uns sind daher im Stillen Befürworter von »Chemiewaffen«. Nur die Anwendung von Poli­zeibehörden und Staatsmännern stößt auf eine allgemeine Ablehnung.

Wenn die Kenntnisse über die verheerenden Akutgefahren und die schleichenden Langzeitschäden etwas größer beim Einzelnen wären, würde ein Jeder jeglichen Chemiewaffeneinsatz strikt ablehnen. Ein weiterer Weg, die Anwendung von Chemiewaffen illusorisch zu machen, ist der Schutz. Umfangreiche Schutzmaßnahmen aller europäischen Soldaten im 2. Weltkrieg verhinderten die Anwendung von Chemie­waffen. Da Soldaten ohnehin aufgeklärt und mehr oder minder gut geschützt sind, ist die Zivilbevölkerung zu 99% mehr betroffen durch einen Chemie Waffeneinsatz. Primitivmaßnahmen wie eine Plastiktüte über den Kopf oder ein feuchtes Tuch vor Augen und Mund sind wegen der schnellen Verfügbarkeit effizienter als die Ausgabe von Gasmasken und Schutzanzügen.

Schnellteste wie das Drägersche Gasspürgerät und effiziente Antidote wie 4-DMAP, hochdosiertes Atropin und Natriumthiosulfat ergänzen die schnelle Erkennung und Behandlung vor Ort. Trotz der weltweiten Achtung der Chemiewaffen werden sie weiterhin die »Atomwaffe des kleinen Man­nes« für arme Länder bleiben. Schutzmaßnahmen und Kenntnisse sind deshalb die beste Verteidigung.

München im April 1991                                                                  Dr. med. Dr. med. habil. Max Daunderer


Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Inhalt                                                                                                                                                   Kapitel

Band 6                                                                                                                                           Kennziffer

Vorwort   5

Hinweise zum Gebrauch    6

Inhaltsverzeichnis    7............................................................................. ;.......................................... III—6.1

Allgemeines   9............................................................................................................................... III—6.2

Das ABC der toxikologischen Notfallhilfe    9

Leitschema zur Behandlung von Vergiftungen    10

Gegengifte und Therapeutika    11

Einleitung   17

Kriegswaffenliste    19

Eigenschaften einiger Kampfstoffe   24

NervenkampfStoffe - Syptome   32

Therapieschema Kampfstoffe    34

Atemschutz — Schnellübersicht   38

Zivilschutzmaßnahmen    43

Toxikologische Einzelstoffinformationen    25    ........................................................................... III-6.3

Adamsit                                                    Desoxynivalenolmonoacetat                      Phosgen

Agent orange                                            DFP                                                        Phosgenoxim

Alkylphosphate                                                        Diphosgen                                                                Psilocybin

Arsenwasserstoff                                      Ditran                                                      »Purple« Agent

BBC                                                         DMT                                                      Sarin

Blausäure                                                 Eisenpentacarbonyl                                  Schwefellost

»Blue« Agent                                           Ethylarsindichlorid                                    Soman

Bromaceton                                              Fluorkarbonverbindungen                          Stickstoffloste

Brommethylethylether                               Lewisit                                                    T-2-Toxine

Bufotenin                                                  Lost-Lewisit-Gemisch                              Tabun

BZ-Stoff                                                  LSD                                                        TCDD

Chloracetophenon (CN)                             Meskalin                                                  Tränengase

Chlorcyan                                                 Methylarsindichlorid                                 Triphosgen

Chlorpikrin                                                Nickeltetracarbonyl                                  VX

ClakI                                                       Nitrotoluole                                              »White« Agent

Clak II                                                      Nivalenol                                                 »Yellow« Agent

CS                                                           »Orange «-Agent                                     Zinkchlorid-Nebel

CR                                                           Phenylarsindichlorid

Stichwortverzeichnis                                                                                                                       III—6.4