| 
    
   
  An Autoimmunkrankheiten leiden Schätzungen zufolge bis zu fünf Prozent aller
  Erwachsenen in Europa und den USA. Das Krankheitsbild: Eine Störung des
  Immunsystems führt zu Entzündun- 
  gen in verschiedenen Organen des Körpers. 
  Einmal aufgetreten, bleiben sie mit wechselnder Stärke meist lebenslang
  bestehen. Solche chroni- 
  schen Entzündungen können bis zur Zerstörung  
  der betroffenen Organe führen. Zu den von Autoimmunprozessen ausgelösten
  Krankheiten gehören so unterschiedliche Krankheitstypen wie Diabetes, Multiple Sklerose und
  rheumatische Erkrankungen.  
   
  Der
  Entstehungsmechanismus von Autoimmun- 
  krankheiten war bisher weitgehend unbekannt.  
  Ein vom Bundesministerium für Bildung, Wis- 
  senschaft, Forschung und Technologie (BMBF)  
  seit 1990 mit 13 Mio. DM geförderter For- 
  schungsverbund brachte neue Aufschlüsse. 
  Krankheitsmechanismus 
  erforscht 
   
  Bisher
  war weitgehend unbekannt, wie diese 
  Störungen des Immunsystems ablaufen. Ein  
  Projekt des vom BMBF geförderten Forschungs- 
  verbundes ,,Autoimmunitätsforschung" fand 
  heraus, wie die Schwermetalle Quecksilber
  oder Gold eine Störung des Immunsystems auslösen können: Eine
  Schlüsselrolle spielt nach heutigem Wissensstand eine bestimmte Gruppe weißer
  Blutkörperchen, die T-Lymphozyten. Normalerweise schützen sie zusammen mit 
  anderen Immunzellen den Organismus vor eindringenden Bakterien und Viren. Es
  gibt  
  jedoch T-Lymphozyten, die sich ,,verirren"  
  und körpereigene Zellstrukturen angreifen. Im gesunden Körper wird ein
  Großteil dieser defekten Zellen durch einen Selbstzerstörungsmechanismus
  ausgeschaltet oder durch verschiedene Kontrollmechanismen ruhig gestellt.
  Anders bei Autoimmunkrankheiten: 
  Fehlgesteuerte T-Zellen werden aktiv und greifen körpereigenes Gewebe an. 
   | 
  
    
   
  Großer Forschungserfolg 
   
  Was
  diesen Angriff auf
  das ,,Selbst"
  auslöst,  
  ob äußere Faktoren oder Prozesse im Körper, konnte bei den meisten
  Autoimmunkrankheiten  
  nur vermutet werden. Unklar war auch, welche körpereigenen Moleküle vom
  Immunsystem fehlgeleitet werden. Die
  Beobachtung, daß bestimmte
  Schwermetalle eine Autoimmuner- 
  krankung auslösen können, ist deshalb ein Glücksfall. Ernst Gleichmann
  und seine Mitar- 
  beiter von der Universität Düsseldorf entdeck- 
  ten, daß die Behandlung eines Antigens mit  
  Gold- bzw. Quecksilbersalzen in
  Mäusen die Immunantwort gegen dieses Antigen verändert. Antigene sind
  körperfremde Stoffe. Während  
  ohne Gabe von Schwermetallsalzen der richtige  
  Teil des Antigens von T-Zellen angegriffen wird, 
  reagiert das Immunsystem nach einer Behandlung 
  mit Gold oder Quecksilber verstört. Es greift  
  auch Teile des Antigens an, die nicht bekämpft  
  werden sollten.  
  Der Grund: Schwermetalle lösen eine
  chemische  
  Veränderung des Antigens aus. Die T-Zellen kön- 
  nen das ursprüngliche Antigen nicht mehr erkennen. Es wird vermutet, daß
  dieser Mechanismus auch für das Entstehen von Autoimmunkrankheiten
  verantwortlich ist. 
   
  Neue Behandlungsstrategie möglich 
   
  Viele Medikamente zur Behandlung von Rheu- 
  ma enthalten Goldsalze, da sie eine heilenden 
  Wirkung auf die rheumatische Arthritis ausüben. 
  Bei 20 Prozent der so behandelten Rheumapa- 
  tienten treten Entzündungen als unerwünschte  
  Nebenwirkungen auf. Wahrscheinlich sind sie  
  auf die beschriebenen Autoimmunprozesse zurückzuführen. Allerdings sind auch
  die ande- 
  ren verfügbaren Medikamente zur Rheumabe- 
  handlung mit deutlichen Nebenwirkungen  
  verbunden, so daß alternative Behandlungs- 
  möglichkeiten deshalb begrenzt sind. Aufgrund  
  der neuen Erkenntnisse können Forscher aber  
  neue Strategien für eine wirkungsvollere Behand- 
  lung von Autoimmunkrankheiten entwickeln. 
   |