1970 Alkylphosphatvergiftung mit neuem Antidot gerettet

-Ein 4ojähriger Selbstmörder hatte sich im Schlachthof mit der Tierspritze E-605, dem bekanntesten Pestizid vom Typ von Alkylphosphaten, einem gefürchteten Kampfstoff, mit dem heute noch gedroht wird,  in den Handrücken gespritzt. Wir unterbanden es und behandelten intensiv mit Antidoten, aber er verstarb.

Daraufhin unternahm ich im Labor Versuche zur Neutralisierung des Giftes in der Haut. Erwartungsgemäß kam nach einiger Zeit ein Arbeitskollege, der dasselbe versuchte. Sofort ließ ich mit Natriumbikarbonat aus einer Infusionsflasche unterspritzen, es wirkte sofort und er hatte nur eine leichte Vergiftung. Daraufhin

ließen wir alle, die in einer Pestizidwolke standen und sich vergiftet hatten, sich entkleiden und die ganze Haut damit entgiften. Das verringerte den Schweregrad einer Pestizidvergiftung gewaltig.

-Ein schwerst mit Alkylphosphaten vom E-605-Pestizid Vergifteter hatte schon am Tatort einen Herzstillstand und ein Lungenödem.

Unter hochdosierte Gegengift-Behandlung und Herzdruckmassage lief die Magenspülung, jedoch blieben die Pupillen extrem eng und das durch die Bronchialflut wie ein Lungenödem wirkende Bild blieb bestehen.

Daher gab ich von der 1% Atropinlösung immer mehr. Nach 100 ml = 1 Gramm Atropin trat eine leichte Besserung ein.

Erst nach weiteren 150 ml wurden die Pupillen weiter, Haut und Lunge wurden trocken.

Dies war die Geburtsstunde der höchstdosierten Atropintherapie bei schwersten und (zu) spät behandelten Alkylphosphatvergiftungen.  Prof.Weger, der Laborleiter des Kampfstofflabors der Bundeswehr stellte die Situation bei Versuchen mit Beagle-Hunden nach und bestätigte die lebensrettende Wirkung bei spätem Therapiebeginn oder höchster Giftmenge. Danach wurden 21 solche Vergiftungen von auswärtigen Krankenhäusern von mir mit Hubschrauber abgeholt, die längst aufgegeben wurden und von denen dann 16 überlebten.

Die Bundeswehr interessierte sich dann für meine Vorlesungen, da ich habilitiert mit dem Kampfstoff-Gegengift 4-DMAP nun Spezial-Kenntnisse über den zweiten wichtigen Kampfstoff Tabun/Sarin hatte.

(Auszug aus meiner neuen Biografie)